Auch wenn du dein Smartphone hauptsächlich sein Ding machen lässt, so wie ich, ist es hilfreich zu wissen, wie du deine Kamera manuell steuerst. Dann kannst du zum Beispiel auch mit wenig Tageslicht ein Stillleben fotografieren, ohne dass das Bild verwackelt aussieht oder unschönes Rauschen aufweist. Ich zeige dir, wie das funktioniert und welche Werkzeuge du dafür benötigst.
Welche Werkzeuge du brauchst
- Smartphone, welches das RAW-Dateiformat unterstützt (iOS min. 12 Megapixel-Kamera + iOS 10.0 oder höher, Android min. Version 5.0 oder höher)
- Kamera-App, die einen manuellen Modus hat und eine RAW-Aufnahme unterstützt, z. B. DNG (eingebaute App oder Lightroom)
- Stativ und eine Smartphone-Halterung
- Reflektor, optional (z. B. standfeste Styroporplatte oder weißer Fotokarton)
- Fotomotiv
- Hintergrund und Requisiten, optional
1. Baue dein Setup auf
Befestige die Smartphone-Halterung an deinem Stativ und klemme dein Handy in die Halterung. Achte darauf, dass dein Smartphone fest sitzt und nicht wackelt. Positioniere es nun vor oder über deinem Motiv und richte es in der gewünschten Perspektive und Höhe aus. Helle dunkle Bereiche in deinem Bild mit einem Reflektor auf.
In diesem Beispiel fällt das Tageslicht von rechts auf das Motiv. An der linken Seite steht ein Zeitschriftensammler, der das Licht reflektiert und auf das Motiv lenkt. Die Schatten, die die Gegenstände werfen, werden dadurch aufgehellt. Eine Styroporplatte hellt die Front der Kommode auf.
2. Stelle deine Kamera-App ein
Öffne deine Kamera-App und wähle das RAW-Datei-Format aus (z. B. DNG). Hier erkläre ich dir, welche Vorteile das Fotografieren im RAW-Modus hat. Wechsle als nächstes in den manuellen Aufnahmemodus. In der Lightroom-App heißt der Modus „Pro“. Jetzt hast du die volle Kontrolle über ISO und Verschlusszeit und kannst die Belichtung selbst kontrollieren.
3. Wähle einen ISO-Wert aus
In der Digitalfotografie misst der ISO-Wert die Empfindlichkeit des Bildsensors. Je niedriger du die Zahl einstellst, desto weniger lichtempfindlich ist deine Handy-Kamera und desto rauschärmer und feiner wird die Körnung in deinem Bild.
Höhere Zahlen bedeuten, dass der Sensor lichtempfindlicher ist. Sie ermöglichen es dir, deine Kamera auch in dunkleren Situationen zu verwenden. Der Nachteil ist, dass das Rauschen zunimmt und die Körnung gröber wird. Das ist gut auf diesem Vergleichsbild zu erkennen. Ein zu starkes Rauschen kann vor allem dann zu einem Problem werden, wenn du dein Bild in einem großen Format präsentieren möchtest. Zum Beispiel als ein Teaserbild auf deiner Website, das so breit ist, wie die gesamte Content-Breite.
Es ist von Vorteil mit hellen Gegenständen und einem hellen Hintergrund zu fotografieren, wenn wenig Tageslicht vorhanden ist. Denn dunkle Bildbereiche sind anfälliger für Rauschen.
Stelle den ISO-Wert zunächst so gering wie möglich ein.
4. Wähle eine Verschlusszeit aus
Mit der Verschlusszeit steuerst du, wie lange Licht auf den Bildsensor fällt. Je länger die Verschlusszeit ist, desto heller wird dein Bild. Die Länge der Verschlusszeit wirkt sich auch darauf aus, wie Bewegung eingefangen wird. Durch schnelle Verschlusszeiten können schnelle Bewegungen scharf eingefangen werden. Eine lange Verschlusszeit kann hingegen eine Unschärfe bewirken. Da sich dein Motiv und deine Kamera nicht bewegen, machst du dich von der Verschlusszeit nahezu unabhängig.
Stelle die Verschlusszeit nun so ein, dass dein Bild im Live-View gut belichtet wirkt. Bei einer RAW-Aufnahme sollte dein Bild im Live-View tendenziell etwas überbelichtet wirken.
5. Passe die Werte für eine ausgewogene Belichtung an
Der ISO-Wert und die Verschlusszeit stehen in Abhängigkeit zu einander. Wenn die geringstmögliche Verschlusszeit nicht lang genug ist, um dein Bild ausreichend zu belichten, musst du den ISO-Wert erhöhen. Teste aus, bis zu welchem ISO-Wert das Rauschen noch akzeptabel ist.
In meinem Beispiel habe ich die kürzeste Verschlusszeit ausgewählt, die möglich ist. Eine 1/4 Sekunde. Den ISO-Wert musste ich auf 64 erhöhen, um eine ausgewogene Belichtung zu erreichen.
Wären die Lichtverhältnisse noch schlechter gewesen, hätte ich das Bild vermutlich verworfen. Denn eine höhere ISO-Zahl hätte in diesem Fall zu einem unschönen Rauschen geführt.
Verlasse dich beim Anpassen der Werte nich auf deinen Live-View, sondern mache ein paar Testaufnahmen. Zoome in dein Bild, um das Rauschen zu überprüfen.
6. Verbessere die Belichtung durch die Bildbearbeitung
In der Bildbearbeitung hast du die Möglichkeit die Belichtung zu verfeinern. In diesem Artikel erkläre ich dir, wie das mit der kostenlosen Variante der Lightroom-App geht. Wichtig ist, dass du den Regler „Belichtung“ nicht zu stark erhöhst, weil das zu einem verstärkten Rauschen führt. Starte mit den Einstellungen der Regler „Tiefen“ und „Schwarz“. Du hast außerdem noch die Möglichkeit das Rauschen mit dem Werkzeug „Details“ zu reduzieren. Wenn dein Bild zum Rauschen neigt, sei besonders vorsichtig beim Schärfen. Ein zu starkes Schärfen führt wieder zu einem zusätzlichen Rauschverhalten. Besser ist es die fokussierten Bereiche gezielt zu schärfen. Das hat den Vorteil, dass nicht alle Bildpixel geschärft werden müssen. Das „selektive Schärfen“ geht entweder mit der Pro-Version der Lightroom-App oder aber mit der kostenlosen App Snapsneed.
Ein guter Gedanke
Ein Bild mit Rauschen ist nicht gleich ein schlechtes Bild. Eine gewisse Körnung kann auch einen analogen Charme haben. Weniger schön ist jedoch ein verwackeltes Bild. Sorge also vor allem für ausreichende Stabilität beim Fotografieren. Je kürzer deine Verschlusszeit ist, desto geringer ist die Verwacklungsgefahr. Falls du einmal kein Stativ zur Hand hast und ein Stillleben fotografieren möchtest, lehne dein Handy an einen stabilen Gegenstand, schließe deine Kopfhörer an und löse die Aufnahme mit der „+“-Taste aus. Falls du aus der Hand fotografieren möchtest, nutze möglichst eine Verschlusszeit, die nicht länger als eine 1/60 Sekunde ist.
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